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Reflex (Physiologie)
Ein Reflex besteht in einer Neuron|neuronal vermittelten, raschen und gleichartigen Reaktion eines Organismus auf einen bestimmten Reiz.
Reflexe können vom einfachen Reflexbogen bis hin zu Reflexkreisen "höherer" Art unterschiedlich komplex sowie angeboren oder erworben sein; im letzteren Fall wird auch von ''gelernten, erworbenen, bedingten oder konditionierten Reflexen'' geredet. Angeborene oder unbedingte Reflexe stellen biologisch präformierte Reaktionsweisen dar. Sie werden als evolutionäre Adaptionseffekte auf Lebensbedingungen gedeutet.
Reflexe ermöglichen Lebewesen ein Leben in einer langfristig konstanten Umwelt: durch ein auf derartige Lebensbedingungen eingestelltes automatisches, schematisches oder stereotypes Reagieren, das unter gleichbleibenden Umständen dazu ausreicht, bis zur Geschlechtsreife zu leben und Nachkommen zu zeugen.
Eigenheiten von Reflexen
Voraussetzung für das Auftreten von Reflexen ist die Fähigkeit eines Organismus Wahrnehmungen zu machen, diese automatisch zu "verarbeiten" und in einem ebensolchen Zusammenspiel von Sinnesorganen, Nerven und Muskeln auf spezifische ''Reize'' oder Stimuli reizadäquate Reaktionen zu entwickeln, die ihm ein eigenständiges Leben ermöglichen oder sichern.
Genetisch verankerte und reflektorisch zustande kommende Reaktionsweisen sind dabei quasi evolutionär "erprobte" Reaktionsweisen; sie bilden sich nur bei Lebewesen aus, bei denen sie sich im Hinblick auf langfristige konstante Lebensbedinungen als effektiv für das eigene Leben erwiesen haben. Mit angeborenen Reflexen stehen einem Lebewesen Anpassungsleistungen und ''Überlebensfähigkeiten'' zur Verfügung, die es nicht selbst erst erlernen muss.
Reflexformen
Verhaltensbiologen unterscheiden folgende Reflexarten:
- Unbedingte, unkonditionierte oder angeborene Reflexe: sie sind entweder bereits mit Geburt eines Lebewesens voll ausgebildet oder entwickeln sich im Verlaufe seiner Entwicklung bis zur Geschlechtsreife und dem Wachstumsende (Reifung); typisch für derartig biologisch angelegte Reaktionswesen ist es, dass jedes Individuum einer Art (Biologie)|Art identische Reaktionen und Reaktionsabläufe auf gleichartige Reizkonstellationen zeigt, die nur in der jeweiligen Intensität wie Schnelligkeit oder Heftigkeit variieren (können).
- Bedingte oder konditionierte Reflexe: so werden reflexartige Reaktionsweisen genannt, die erst erlernt werden müssen; deswegen auch so genannte gelernte oder erworbene Reflexe werden nur individuell entwickelt. Dabei können auch viszerale Reaktionen gelernt werden; um die Erforschung dieses Phänomens hat sich besonders der russische Wissenschaftler Iwan Petrowitsch Pawlow (1849 - 1936) bemüht. Beispiel dafür ist sein berühmtes Pawlowscher Hunde-Experiment: Einigen Hunden wurde, immer dann, wenn sie Futter vorgesetzt bekamen, zugleich ein Glockenton zu Gehör gebracht. Nach einiger Zeit begannen die Hunde, Verdauungssekrete auch dann zu produzieren, wenn sie nur den Glockenton hörten. Die Verbindung von Fütterung und Glockenton hatte sich bei den Hunden offenbar eingeprägt; man spricht in derartigen Fällen auch davon, dass Fütterung und Glockenton sich ''Assoziation|assoziiert haben und nennt diese Art von Lernen klassisches Konditionieren''. Wie dann in der vor allem in den USA durchgeführten behavioristischen Lernforschung gezeigt wurde, können durch derartiges assoziatives Prägungslernen alle dazu fähigen Lebenwesen eine Unzahl von Reaktionsweisen ausbilden, ein Wissen, dass für Tierdressuren begabte Menschen allerdings schon immer und gezielt angewandt haben. Auch das in diesem Rahmen besonders untersuchte operante Konditionieren beruht auf derartigem Prägungslernen: wenn sich einem lernfähigen Lebenwesen nämlich die Effekte eigener Aktivitäten einprägen und ihm durch Ausprobieren ("trial and error''-Versuche) möglich ist, effektvolle(re) Reaktionsweisen zu entwickeln. Dagegen können nur zum ''Modell-Lernen|Imitationslernen oder Nachmachen fähige Lebenwesen von anderen derselben Gruppe lernen''; zu einem absichtlichen, gezielten und organisierten Lehren und Lernen in Form von Schulung und eigenständigem Einüben oder Training|Trainieren scheint nur der Mensch imstande zu sein - und zu einem ''Lernen durch Lehren'' nur ein ausreichend intelligenter...
- Eigenreflexe: so werden Reflexe genannt, wenn die Reflexantwort in demselben Bereich erfolgt, in dem auch der dazu gehörige adäquate (Auslöse)Reiz wahrgenommen wurde. Vor allem Schutzreflexe gehören dazu. Ein Beispiel ist der bekannte Kniesehnenreflex|Knie- oder Patellarsehnenreflex, der mit einem kurzen Schlag knapp unterhalb des Knies auf die Sehne des entspannten Musculus quadriceps femoris ausgelöst werden kann. Durch den Schlag werden Dehnungsrezeptoren in der Sehne und dem Muskel angeregt und über einen zum Rückenmark ziehenden Reflexbogen eine Kontraktion des Quadriceps erreicht, der zu einer leichten Hebung des Unterschenkels führt. Der Sinn derartiger muskulärer Reflexe besteht darin, bei Stößen von außen oder plötzlicher Lageänderung durch Gegenregulation die jeweilige Haltung aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen: bei einem kurzen Tritt von hinten in die Kniekehle (plötzliche Beugung und damit Dehnung des Musculus quadriceps femoris) kann der Patellarsehnenreflex beispielsweise dazu beitragen einen Sturz zu verhindern; ähnlich verhält es sich beim Stolpern. Weitere Beispiele sind der Nies- und der Pupillenreflex. - Wichtige Eigenreflexe enthält diese Liste der Eigenreflexe.
- Fremdreflexe: so werden Reflexe genannt, wenn reflektorische Reaktionen in anderen Partien des Organismus erfolgen als den gereizten. Ein Beispiel ist der Kornealreflex: Wenn die Hornhaut des Auges etwa durch einen Luftzug gereizt wird, wird das das Augenlid reflektorisch geschlossen. Die Reizung folgt an einer Stelle, die mangels Muskeln selbst nicht reagieren kann; und der Lidmuskel, der zum Schutz der Hornhaut aktiviert wird, wurde seinerseits nicht gereizt. Wichtige Fremdreflexe enthält diese Liste der Fremdreflexe.
- Koordinierte Reflexbewegungen: von solchen spricht man, wenn auf einen Reiz eine mehr oder weniger große Gruppe von Muskeln aktiviert wird (evtl. unter Einschluss der Aktivierung weiterer Organe wie Drüsen oder Herz und Darm und Auslösung sonstiger vegetativer Reaktionen). Hierher gehören zum Beispiel der Saugreflex und der Greifreflex des Säuglings, zwei Reflexe, die zudem nach einiger Zeit nicht mehr oder nur unter pathologischen Bedingungen noch oder wieder ausgelöst werden können. Vor allem bestehen aber sämtliche ''gefühlsmäßigen Reaktionen'', also die im allgemeinen kurz, aber immer im Plural so genannten ''wikt:de: Gefühle'' in reflektorisch zustande kommenden hochgradig koordinierten Reflexbewegungen, die allerdings wegen genau dieser Komplexität in gewissem Rahmen auch bewusst beeinflussbar oder steuerbar bzw. "beherrschbar" sind.
Die Redeweise von atavistischen Reflexen stammt nicht aus der Verhaltensforschung, sondern scheint eher ein Ersatz für den Ausdruck primitiver Reflex und allgemein eine jargonhafte Bezeichnung für situationsinadäquates Reagieren zu sein - etwa durch Regression auf kulturell für überwunden oder obsolet gehaltene, eventuell auch für Kinder typische Verhaltensweisen.
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